Mein Weg in die Selbstständigkeit

Das Ziel einer schweren Reise




Mai 2018: Ich bin erfolgreich in meinem Beruf als HR Business Partnerin einer Unternehmensberatung und frisch verheiratet. Unser Sohn Emil ist ein 9-Monate alter Wonneproppen. Und die Tinte unter dem Notarvertrag für unser erstes eigenes Häuschen im Grünen ist noch nicht ganz trocken.

Doch dann der Schock: Krebsdiagnose mit 37.


Niemals zuvor hatte ich solche Schmerzen, mich so machtlos gefühlt. Ich spürte, dass ab jetzt mein Leben nicht mehr in meinen Händen liegt. Das Einzige, was ich beeinflussen konnte, war meine Einstellung dazu. 


Die Menschen um mich herum weinten viel in dieser Zeit. Ich dagegen nie. Zwar sah ich aus wie ein Schatten meiner selbst, aber ich habe mein Schicksal nicht beklagt und meinen Humor nicht verloren, selbst in den dunkelsten Stunden. Irgendwie wusste ich, dass das nicht das Ende sein kann. Ich spürte einen unbedingten Lebenswillen.


Drei Monate Krebsbehandlung später wurde ich nach Hause entlassen. Mein Mann renovierte In der Zwischenzeit unser neues Haus. Mit meiner Entlassung startete im wahrsten Sinne des Wortes unser „völliger Neuanfang“. Für mich gab es nur einen Weg: Positiv in die Zukunft! Mit dem Wissen, dass nicht alles im Leben vorhersehbar oder beeinflussbar ist. Und dass jeder für sich selbst entscheidet, was für ihn wichtig und wegweisend ist. 


In der Elternzeit so schwer zu erkranken, ist ein besonderes Dilemma. Ich war weder eine aktive Arbeitnehmerin, noch offiziell arbeitslos. Selbst die Behörden bestätigten meinen Sonderfall als „Versorgungslücke“. 


Nach weiteren 3 Monaten die erlösende Diagnose: Der Krebs war „geheilt“. 



Von da an kämpfte ich mich zurück in einen aktiven Alltag. Neun Monate später startete ich in einen neuen Job bei einem neuen Arbeitgeber. Dann die Enttäuschung: Meine Stelle erfüllte mich nicht. Warum? Nach meiner Diagnose und Genesung sah ich das Leben und meinen Beruf mit anderen Augen. 


Gerade in diesem speziellen Business der Personalvermittlung wollte ich ganz ich selbst sein. Ich wollte selbstbestimmt arbeiten und nach meinen persönlichen Werten handeln. Privat wie beruflich. Das Resultat: Ich kündigte – ohne einen neuen Job zu haben. 



Auf ein „sicheres“ Angestelltenverhältnis mit all seinen Vorzügen zu verzichten, bedarf einer Menge Mut. Gerade als ehemalige Krebspatientin. Mir aber wurde schlagartig klar: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um mich selbstständig zu machen!


Mein Herz schlägt für Personalvermittlung, Recruitment, Active Sourcing und Employer Branding. Ich habe 15 Jahre Erfahrung in diesem Beruf. Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten, Teil der Lösung zu sein und meinen Erfahrungsschatz weiterzugeben. Ich bin ein Kommunikationstalent und dabei authentisch, effizient, gut vernetzt und noch besser organisiert. 


Heute weiß ich: Es bedarf Mut, nach den eigenen Werten zu handeln. Aber es lohnt sich! 


Anmerkung:


Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 500.000 Menschen an Krebs. Ihn zu überleben ist nicht selbstverständlich. Im Gegenteil.


Ich möchte mit meiner Geschichte nicht ausdrücken, dass ich WEGEN meiner positiven Einstellung überlebt habe. Das Schicksal liegt in so einem Moment nicht in den eigenen Händen. Aber meine Art, damit umzugehen, war für mich der Start in ein neues Leben. Einige meiner Wegbegleiter*innen sind seit 2018 verstorben. Ich bin unendlich dankbar, dass ich am Leben bin. Daher ist diese Geschichte ein sehr persönlicher Einblick und stellt keine Verallgemeinerung dar. Jedes Schicksal ist individuell. Ich möchte damit aufzeigen, dass es viele Menschen wie mich gibt, deren schwere Krankheiten und/oder Behinderungen nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind.


Bsp: Krebskranke haben i.d.R., auch wenn sie inzwischen geheilt sind, einen Behindertenstatus für mind. 5 Jahre während ihrer Remission oder auch länger. Wie viel Potential geht verloren, wenn wir als Gesellschaft und besonders im Arbeitsleben auf solche individuellen Lebensläufe nicht eingehen?